Kastenbodenkeller Neustadt/Aisch

Der Kastenboden in der mittelfränkischen Kreisstadt Neustadt a. d. Aisch war eine in der Markgrafenzeit um 1710 angelegte unscheinbare Scheune mit Riegelfachwerk und diente als Lagerstätte für die Zehntabgaben.

Ab 1792 wurde das Anwesen Versorgungsstätte für die nach Neustadt gelegte Eskadron des neu errichteten Husarenregiments Nr. 11 und ab 1810 für die erste Majors-Eskadron des 4. Bayerischen Chevaulegerregiments.

Erst 1924 wurde der innerhalb der Stadtmauer direkt am Nürnberger Tor gelegene Bau abgebrochen und an seiner Stelle ein Wohnhaus errichtet.

Das Besondere am Kastenboden ist sein großes Kellergewölbe, welches im 18. Jahrhundert durch unterirdische Fluchtstollen mit anderen benachbarten Kelleranlagen verbunden wurde.

Grund für diese Fluchtstollen waren wohl Erfahrungen mit dem am 11./12. Juli 1632 stattfindenden Kroateneinfall, bei dem der größte Teil der Stadt zerstört und viele Einwohner verschleppt, geschändet und getötet wurden.

Im Laufe der Zeit gerieten diese Gänge wieder in Vergessenheit, verfielen teilweise  und wurden nach den beiden Weltkriegen mit Schutt aufgefüllt.

Erst um 1987 begann der Geschichts- und Heimatverein Neustadt/Aisch zwei deutlich sichtbare und augenscheinlich zugemauerte Stellen im Kastenbodenkeller zu öffnen. Die Überraschung war groß, als man auf zwei nach aussen führende, aber bis an die Decke mit Schutt erfüllte Gänge traf. Zuerst nahm man sich des Ganges Richtung Nürnberger Straße an.

In wochenlanger Arbeit wurden tonnenweise Sand, Geröll und Schutt aus dem Gang nach übertage getragen. Nach 32 Metern war die Verbindung zum Kellergewölbe der Buchdruckerei Schmidt freigelegt.

Danach kehrte erst einmal wieder Ruhe im Neustädter Untergrund ein, nicht zuletzt durch den frühen Tod des Initiators Erwin Rösch.

Nach einigen Jahren des Stillstandes nahmen 1997 unter Federführung des damaligen Bürgermeisters Dr. Mück der Heimatverein unter Regie von Herrn Andreas Fuß, sowie Steinmetzmeister Guntram Gust und "Reviersteiger" Peter K. sich des Kellers an.

Mit tatkräftiger Unterstützung des Bauhofes und eines Kerwavereines wurden in unzähligen freiwilligen Arbeitsstunden wiederum Tonnen von Schutt aus den Gängen befördert.

Hierbei stieß man auch völlig überraschend auf einen komplett verfüllten, mit Sandsteinquadern ausgekleideten Brunnenschacht inmitten des Ganges Richtung Freiung.

In fast bergmännischer Manier wurde der heute 21 Meter tiefe und 1,20 Meter durchmessende Brunnen von dem "Reviersteiger" und Herrn Gust freigelegt und verfugt sowie ein kurzer Schachtumbruch erstellt.

Heute können - zumindest nach Voranmeldung beim Neustädter Tourismusbüro und am Tag der offenen Türe - mindestens sechs miteinander verbundene Kellergewölbe sowie der Brunnenschacht besichtigt werden.

 

Alle Aufnahmen von der 2. Ausgrabungsphase 1997 - 1999

 

Eine ausführliche - leider nicht exakte - Beschreibung der Keller gibt es hier:

http://exkursion-um-neustadt-aisch.npage.de/links-exkursion-um-neustadt-aisch/s-115-128.html

Inschrift über dem Gang Richtung Freiung: "Anno 1722 hat Amtscaster Laipold diesen Gang hauen lassen" (Plan R1)
Mitarbeiter des Bauhofes beim Aufmauern der Stollenwände
Andreas Fuß (rechts) und der Reviersteiger am Schachtumbruch des Brunnens
Steinmetzmeister Guntram Gust mit schwerem Gerät bei der Auffahrung des Schachtumbruches
Die Schachtröhre des Brunnens, die ersten 4m ausgegraben und die oberen Sandsteinquader bereits verfugt
Die Brunnenwand und der fertiggestellte Schachtumbruch
Zugemauerter Gang im Kellergewölbe der Schmidt`schen Druckerei (Plan R2)
Blick aus dem Stollen vom Schmidt´schen Keller in den Kastenbodenkeller
Alte Kellertreppe, oben zugemauert (Plan R3)
Grundriss und Schnitt der Keller am Kastenboden, Plananfertigung 1998 v. Reviersteiger